TELEGRAPHENTOUR INS SAUERLAND vom 1. bis 4. Mai 2013

Die Teilnehmer von links nach rechts: Björn Lewerenz, Werner Neum, Frau Neum, Elke Lewerenz, Alexander Lachmann, Albert Schwarz, Dr. Ludwig Grunwaldt, Dr. Martin Ziemann und Brigitte Sellin
180 Jahre nach dem Bau der preußischen optisch-mechanischen Telegraphenlinie machten sich neun Telegraphenfreunde aus Potsdam auf den Weg, um die Standorte der ehemaligen Stationen im Sauerland zu erkunden. Drei Autos boten die Unabhängigkeit, um mit Lust und Laune auf Spurensuche zu gehen. Im Gepäck die Telegraphenliteratur:
"So weit das Auge reicht", eine Publikation des Museum für Post und Kommunikation Frankfurt am Main (1995)
Dieter Herbarth, "Die Entwicklung der optischen Telegraphie in Preußen" (1978)
und das 2012 von Manfred Menning herausgegebene Buch "Preussens Telegraphenlinie Berlin-Koblenz"

Mitten im Sauerland fanden wir eine preiswerte Unterkunft im Bildungszentrum direkt am Sorpesee. Von jedem Balkonzimmer hatten wir einen traumhaften Ausblick auf den See. Mit Vorfreude auf die erste Exkursion fuhren wir bereits am Nachmittag des ersten Tages nach Iserlohn zur Station 43. Auf dem Fröndenberg steht immer noch das alte Telegraphenhaus mit dem Mast, welches nach 1900 mit einigen Anbauten ein neues Ensemble bildet. Der Danzturm erfreut sich großer Beliebtheit. Er wurde zu Ehren des Lehrers Ernst Danz 1909 erbaut, der sehr um die Aufforstung des Stadtwaldes bemüht war. In der gut gestalteten Dauerausstellung sind viele Zeichnungen der Stationslinie und Pflanzenbilder im Treppenaufgang des Turms zu sehen.

Am Eingang vom Danzturm entdeckten wir, dass die Station 18 in Neuwegersleben in einer Zeichnung von 1970 abgebildet ist. In der Bildunterschrift heißt es: "Ruine der Station 18, Neuwegersleben, heute DDR" Diese Angaben sind aus dem Buch von Dieter Herbarth irgendwann übernommen worden. 23 Jahre nach der Wende ist es an den Iserlohner Heimatforschern vorbei gegangen, dass die Station 18 als Telegraphenstation seit Jahren wieder aufgebaut worden ist. Werner Neum, der Leiter des Denkmals in Neuwegersleben, hat nach unserem Besuch schriftlich auf die Rekonstruktion der Station aufmerksam gemacht.

Am nächsten Tag ist unsere Gruppe zur Station 42 auf den Noltenkopf gewandert. Die Sicht zur nächsten Station ließ sich selbst mit einem Fernrohr nur erahnen. Uns wird klar, dass die Telegraphisten Probleme hatten, bei schönem aber dunstigem Wetter die Stellung des nächsten Telegraphen zu erkennen. Reste von Bruchsteinen liegen überall herum und wir überprüften mit den Navigationsgeräten die Koordinaten.
Im Tal entdeckten wir auf einem alten Bauerhof einen Ökoladen mit frischen Gemüse-, Wurst- und Schinkenangeboten und kaufen für das abendliche Grillen ein.


Weiter ging es zur nächsten Station über Iserlohn nach Veserde. Mit den GPS-Geräten in der Hand näherten wir uns einem Gehöft auf dem Berg. Welche Üerraschung: Es ist die Station 44 - der Wegweiser Telegraph führt direkt zum Haus. Den Besitzer trafen wir in seiner Werkstatt an, und es stellte sich heraus, dass sich Ulrich Woitkoski intensiv mit der Geschichte der Telegraphie beschäftigt hat. Er kannte auch die anderen Stationen im Umkreis. Wir durften in seinem Haus einen Blick vom obersten Geschoss auf die nächste Station werfen.

Am 3. Tag sind wir nach Breckerfeld gefahren, um eine Vorstellung zu erhalten, wo die Station 45 auf dem Wengeberg gestanden haben könnte. Die etwa vor 30 Jahren fotografierten Bilder im "Herbarth" sind uns eine Hilfe. Im Heimatmuseum fanden wir ein Modell, das wie eine Puppenstube sehr anschaulich gestaltet worden ist. Nach dem Öffnen der vorderen Wand kommt die ganze Einrichtung des zweistöckigen Hauses zum Vorschein.

Der Standort der Station 46 in Radevormwald befindet sich auf dem heutigen Sportplatz. Auf den Grundmauern der Station ist das Haus des Platzwarts gebaut worden. Hier gibt es eine Straße "Am Telegraf" und eine "Telegrafenstraße". Zum Sportplatz führt aber ein Weg, der von der "Jahnstraße " abgeht.

 

An den Stationen 47 und 48 vorbei fuhren wir nach Leverkusen. Bei der Suche nach der Station 49 bemerkten wir, dass die Straße "Am Telegraf" uns nicht zum alten Standort führte. Die Telegraphen-Klause hatte geschlossen, in der das Ögemälde der ehemaligen Station hängt. Wir suchten mit dem Navi in der Hand nach den bekannten Koordinaten. Anwohner wurden auf uns aufmerksam und zeigten uns hochgewachsene Bäume als Beweis für den alten Standort. Zwischen zwei Straßenzügen sind sie deutlich zu erkennen. Mutig klingelten wir am nächst gelegenen Haus.

Ein freundlicher Herr lud uns auf sein Grundstück ein. Dr. Merz erzählte die Geschichte vom Bau des Hauses seiner Eltern. Unter der Terrasse liegen die Bruchsteine zur Hangbefestigung. Später wurden wir noch von einer Dame in ihren Garten eigeladen. Auch von hier ist der Standort des Telegraphen gut auszumachen. Auf einmal rückten wir in den Mittelpunkt des Interesses der Nachbarn. Dass einmal die Telegraphenstation in ihrer Gegend so eine Bedeutung hatte, wurde mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. Mit einer Einladung zum Wiederkommen verabschiedeten wir uns .

Zurück am Sorpesee ließen wir die Tage ausklingen. Die Telegraphentour war erfolgreich, das Wetter spielte mit und wir haben etliche neue Kontakte geknüpft. Die nächste Erkundungstour ist schon geplant. Unser Fazit ist, man muss vor Ort recherchieren und mit den Anwohnern reden...

Fotos: Lewerenz (6), Neum (2), Grunwaldt (1)